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Europäisches Verbraucherzentrum Italien Büro Bozen

Gewährleistungsrecht

Wichtige Änderungen für Verbrauchergeschäfte

Die EU-Richtlinie 2019/771 enthält wichtige Neuerungen zur Regelung der Gewährleistung beim Warenkauf. In Italien erfolgte die Umsetzung mit dem gesetzesvertretenden Dekret 170/2021, welches die Artikel 128 bis 135-septies des Verbraucherkodex (Codice del Consumo) abänderte.


1. Anwendungsbereich

Die neuen Vorschriften gelten für Kaufverträge, die nach dem 1. Januar 2022 zwischen einem Unternehmen und einem Verbraucher (sogenannte Verbrauchergeschäfte, auch Business to Consumer (b2c) genannt) abgeschlossen werden und den Verkauf von Waren betreffen, darunter auch Waren mit digitalen Elementen und lebende Tiere, sowie für Verträge über die Lieferung von digitalen Inhalten oder Dienstleistungen, wenn sie in die Waren eingebaut oder mit ihnen verbunden sind und zusammen mit den Waren geliefert werden. Dem Kaufvertrag gleichgestellt ist der Werkvertrag (z. B. Verträge mit Handwerkern).


2. Definition Waren mit digitalen Elementen

Waren mit digitalen Elementen sind bewegliche Waren, die ohne digitale Inhalte (z. B. Software) nicht oder nicht einwandfrei funktionieren. Dazu gehören beispielsweise Smartphone, Smartwatch, internetfähige Fernseher, interaktive Spielsachen.
Achtung: Für Kaufverträge, die bis zum 31. Dezember 2021 abgeschlossen wurden, gelten noch die alten gesetzlichen Regelungen des Verbraucherkodex (https://www.euroconsumatori.org/de/broschuere_gewaehrleistung).
Das Gewährleistungsrecht regelt die Rechtsansprüche, die der Käufer gegenüber dem Verkäufer bei einer nicht vertragsgemäßen (mangelhaften) Ware geltend machen kann.


3. Subjektive und objektive Anforderungen an die Ware

Das Unternehmen ist verpflichtet, dem Verbraucher eine vertragsgemäße Ware zu liefern; sie muss also subjektive und objektive Anforderungen erfüllen.

Was sind die subjektiven und objektiven Anforderungen?

Subjektive Anforderungen
Die Ware muss:
  • der Beschreibung, dem Typ, der Menge und der Qualität entsprechen und die im Kaufvertrag vorgesehenen Eigenschaften aufweisen;
  • für einen bestimmten vom Verbraucher angestrebten Zweck geeignet sein, auf den er den Verkäufer spätestens beim Abschluss des Kaufvertrags hingewiesen und den der Verkäufer akzeptiert hat;
  • mit sämtlichem Zubehör und allen Anleitungen, einschließlich jener zur Installation, geliefert werden, die im Kaufvertrag vorgesehen sind;
  • mit den im Kaufvertrag vorgesehenen Aktualisierungen (Updates) geliefert werden.


Objektive Anforderungen
Die Ware muss:
  • für die Zwecke geeignet sein, für die Güter der gleichen Art normalerweise gebraucht werden;
  • die Qualität haben und der Beschreibung eines Musters oder Modells entsprechen, das der Verkäufer dem Verbraucher vor Abschluss des Vertrags zur Verfügung gestellt hat;
  • mit Zubehör geliefert werden, einschließlich Verpackung, Montageanleitung oder sonstiger Anweisungen, deren Erhalt der Verbraucher erwarten kann;
  • die Menge und die Eigenschaften und sonstigen Merkmale aufweisen, einschließlich Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit, die normalerweise Waren derselben Art haben und die der Verbraucher erwarten kann, unter Berücksichtigung der Beschaffenheit der Ware und der öffentlichen Äußerungen vom oder im Namen des Verkäufers oder von anderen Personen, einschließlich des Herstellers, insbesondere in der Werbung oder bei der Etikettierung.


Bei Waren mit digitalen Elementen ist der Verkäufer verpflichtet, den Verbraucher über Aktualisierungen (Sicherheitsupdates eingeschlossen) zu informieren und ihm diese zu beschaffen, und zwar:
  • bei einer einmaligen Bereitstellung des digitalen Inhalts oder der digitalen Dienstleistung während des Zeitraums, den der Verbraucher aufgrund der Art und des Zwecks der Ware und der digitalen Elemente sowie der Art des Vertrags vernünftigerweise erwarten kann (das sind zumindest zwei Jahre), oder...
  • bei einer fortlaufenden Bereitstellung des digitalen Inhalts oder der digitalen Dienstleistung während des Zeitraums von zwei Jahren ab Lieferung der Ware oder des im Kaufvertrag vorgesehenen Zeitraums (dieser Zeitraum kann länger als zwei Jahre aber auch kürzer sein).


Installiert der Verbraucher allerdings die zur Verfügung gestellten Updates nicht innerhalb einer angemessenen Frist, haftet der Verkäufer nicht für Mängel, die auf das Fehlen der Aktualisierung zurückzuführen sind. Damit die Unternehmerhaftung ausgeschlossen ist, muss er den Verbraucher über die Verfügbarkeit der Updates und die Folgen der Nichtinstallierung informiert haben und die nicht erfolgte oder unsachgemäße Installierung der Updates darf nicht auf eine mangelhafte Installationsanleitung zurückzuführen sein.

4. Die Haftung des Verkäufers

Der Verkäufer haftet für Mängel, die innerhalb von zwei Jahren ab Übergabe der Ware auftreten. Dies gilt auch für Waren mit digitalen Elementen.

Wichtige Neuerung: Die Frist von zwei Monaten zur Mitteilung des Mangels ab seiner Entdeckung wurde abgeschafft.

Die Mitteilung des Defekts sollte aus Beweisgründen immer schriftlich erfolgen (E-Mail, Fax, oder Brief).

Bei Waren mit digitalen Elementen gilt: Sieht der Vertrag eine fortlaufende Bereitstellung des digitalen Inhalts oder der digitalen Dienstleistung über einen Zeitraum hinweg vor, so haftet der Verkäufer für jede Vertragswidrigkeit des digitalen Inhalts, die innerhalb von 2 Jahren ab der Lieferung der Ware eintritt. Ist im Vertrag eine fortlaufende Bereitstellung des digitalen Inhalts oder der digitalen Dienstleistung über einen Zeitraum von mehr als 2 Jahren vorgesehen, so haftet der Verkäufer für jede Vertragswidrigkeit, die innerhalb des Zeitraums auftritt, in dem der digitale Inhalt oder die digitale Dienstleistung im Rahmen des Kaufvertrags bereitgestellt werden muss. Dies bedeutet, dass der Käufer in diesem Fall in Bezug auf den digitalen Inhalt einen Gewährleistungsanspruch von mehr als 2 Jahren hat.

Beim Kauf von gebrauchten Waren kann die Mindestdauer der Gewährleistung auf ein Jahr gesenkt werden, sofern dies die Parteien so vereinbaren; dies ist normalerweise der Fall.

Die Klage zur Geltendmachung der vom Verkäufer nicht arglistig verschwiegenen Mängel verjährt innerhalb von 26 Monaten ab Übergabe der Ware. Bei gebrauchten Waren kann die Verjährung auf ein Jahr reduziert werden.

Wichtig: Der Kassenbon oder der Kartenbeleg (bei Bezahlung mit Bankomat- oder Kreditkarte) sollte mindestens 26 Monate aufbewahrt werden, da es ansonsten schwierig wird, das Datum und den Ort des Kaufes zu beweisen.

Beweislast
Die gesetzlichen Neuerungen haben die Beweislast des Verkäufers von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert. Tritt also der Mangel innerhalb eines Jahres nach der Lieferung auf, wird – bis zum Beweis des Gegenteils – vermutet, dass das Produkt schon zum Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war, außer dies ist mit der Art der Sache oder des Defektes unvereinbar.

Danach muss der Käufer beweisen, dass der Defekt nicht durch einen unsachgemäßen oder falschen Gebrauch entstanden ist (Umkehr der Beweislast). Dieser Beweis ist in der Regel nur schwer zu erbringen, meist ist dafür ein Sachverständigengutachten notwendig, welches erhebliche Kosten mit sich bringt.

Bei Waren mit digitalen Elementen, bei denen der Kaufvertrag die fortlaufende Bereitstellung des digitalen Inhalts oder der digitalen Dienstleistung über einen Zeitraum vorsieht, trägt bei einem Mangel, der innerhalb von zwei Jahren auftritt, der Verkäufer die Beweislast dafür, dass der digitale Inhalt oder die digitale Dienstleistung innerhalb der zwei Jahre vertragsgemäß war. Hier besteht also keine Beweislastumkehr zu Lasten des Verbrauchers.

Ist der Mangel durch ein Verschulden des Verbrauchers entstanden, besteht kein Recht auf Gewährleistung!


5. Die Rechte des Käufers

Der Verbraucher hat Anspruch auf die Reparatur oder den Austausch der Ware, auf eine angemessene Minderung des Preises oder die Auflösung des Vertrages.

Der Käufer kann grundsätzlich selbst entscheiden, ob er die Ware repariert oder ersetzt haben möchte, es sei denn, das gewählte Mittel ist unmöglich oder verursacht unverhältnismäßig hohe Kosten im Vergleich zum anderen.

Die italienische Rechtspraxis sieht vor, dass der Käufer dem Unternehmen zuerst zweimal die Möglichkeit geben muss, die Ware zu reparieren, bevor er vom Verkäufer den Ersatz der Ware verlangen kann.

Der Verkäufer kann Reparatur und Austausch ablehnen, wenn diese unmöglich sind oder unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen würden.

Reparatur oder Austausch
Die Reparatur oder der Austausch müssen kostenlos sein, innerhalb einer angemessenen Frist und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen. Da der Gesetzgeber nicht genau spezifiziert, was als „angemessen“ gilt, sollte ein Rückgabetermin oder ein Termin für den Austausch schriftlich eingefordert werden.

Erfolgt die Behebung der Mängel durch Reparatur oder Austausch, muss der Verbraucher dem Verkäufer die Ware zur Verfügung zu stellen. Die Kosten dafür trägt der Verkäufer. In der Praxis ist dies jedoch im grenzüberschreitenden Handel oft nur sehr schwer durchsetzbar.

Wichtige Neuerung: Der Verbraucher kann nun die Zahlung eines Teils des Preises so lange verweigern, bis das Unternehmen seinen Verpflichtungen im Rahmen der Gewährleistung (z. B. zur Reparatur oder zum Austausch) nachgekommen ist.


Preisminderung oder Auflösung des Vertrages
In folgenden Situationen hat der Verbraucher Anspruch auf eine angemessene Preisminderung oder die Auflösung des Kaufvertrages:
  • der Verkäufer hat die Reparatur oder den Austausch nicht durchgeführt oder sich geweigert, diese durchzuführen;
  • ein Mangel tritt trotz der Reparatur oder des Austausches durch den Verkäufer, auf;
  • der Mangel ist so schwerwiegend, dass er die sofortige Preisminderung oder Auflösung des Kaufvertrags rechtfertigt;
  • der Verkäufer kann den Mangel der Ware nicht innerhalb einer angemessenen Frist oder nicht ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher herstellen.


Achtung: Bei einem geringfügigen Mangel kann der Verbraucher keine Vertragsauflösung verlangen. Dies zu beweisen, obliegt dem Verkäufer.

Die Preisminderung wird proportional zur Wertminderung der gelieferten Ware bemessen, also im Vergleich zu dem Wert, den sie gehabt hätte, wenn sie konform gewesen wäre.

Die Auflösung des gesamten oder eines Teils des Kaufvertrages erfolgt durch eine Mitteilung des Käufers (aus Beweisgründen sollte diese schriftlich erfolgen) an den Verkäufer. Danach gibt der Verbraucher dem Verkäufer die Ware zurück, wobei der Verkäufer die entsprechenden Kosten trägt. Der Verkäufer erstattet den gezahlten Preis, sobald er die Ware erhält oder der Verbraucher beweist, dass er die Ware zurückgesandt hat.

Bei einem Kaufvertrag, der mehrere Sachen umfasst, gilt: Ist nur ein Teil der gelieferten Sachen mangelhaft, so kann der Verbraucher den Kauf entweder nur bezüglich der defekten Waren auflösen (und er behält die mangelfreien Sachen) oder er kann den gesamten Kauf auflösen, wenn ihm nicht zugemutet werden kann, dass er nur die mangelfreien Sachen behält.

Für Produkte, die im Ausverkauf gekauft wurden, gelten dieselben Gewährleistungsrechte.

Achtung:
Die Möglichkeit des Warenumtausches darf nicht mit der Gewährleistung verwechselt werden: Die Gewährleistung ist ein Recht, der Umtausch nicht! Der Verbraucher hat kein Recht eine mangelfreie Ware umzutauschen, die in einem Geschäftslokal erworben wurde. Dies hängt einzig und allein vom Wohlwollen des Händlers ab.

6. Vertragliche Garantien

Die vertragliche Garantie ist für den Garantiegeber verbindlich zu den in der Garantieerklärung und in der Werbung angegebenen Bedingungen.
Die Garantieerklärung muss dem Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger spätestens bei der Lieferung der Ware zur Verfügung gestellt werden. Die Garantieerklärung auf der Webseite des Unternehmens ist nicht ausreichend, da diese geändert werden kann. Sie muss in italienischer Sprache verfasst sein und in einer einfachen und verständlichen Sprache folgende Informationen enthalten:
  • dass die gesetzliche Gewährleistungspflicht zwischen Käufer und Verkäufer dadurch nicht eingeschränkt wird;
  • Name und Adresse des Garantiegebers;
  • das Verfahren für die Geltendmachung der vertraglichen Garantie;
  • die Benennung der Waren, auf die sie sich bezieht, und
  • die Bedingungen der vertraglichen Garantie.


Wichtig: Alle Vereinbarungen, die die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers einschränken oder ausschließen, sind nichtig.


Gewährleistungsrecht Wichtige Änderungen für Verbrauchergeschäfte
Das Gewährleistungsrecht regelt die Rechtsansprüche des Käufers gegenüber dem Verkäufer, wenn der Verkäufer eine mangelhafte oder nicht vertragskonforme Ware liefert.
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Broschüre - Die Gewährleistung in Italien und anderen EU-Ländern
Achtung: Die gesetzlichen Regelungen, welche in dieser Broschüre erklärt werden, gelten nur für Kaufverträge, die bis zum 31. Dezember 2021 abgeschlossen wurden.

Informationen zu den neuen Vorschriften finden Sie hier:
https://www.euroconsumatori.org/de/gewaehrleistung
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Musterbrief - Reparatur oder Austausch
Sie haben vor weniger als 24 Monaten ein Produkt gekauft, und dieses weist einen Funktionsdefekt auf. Man kann die Anzeige zuerst mündlich machen – innerhalb von 60 Tagen ab Feststellung der Mängel ist es jedoch besser, diese schriftliche Mitteilung zu schicken.
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