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Europäisches Verbraucherzentrum Italien Büro Bozen

Unlautere Geschäftspraktiken

Die Richtlinie (EG) 29/2005 zu den unlauteren Geschäftspraktiken vereinfacht die Antwort auf diese Frage. In Italien fanden diese Bestimmungen im Verbraucherkodex ihren Platz und zwar im Teil II, Titel III, Art. 18 ff.

Mit “Geschäftspraxis” ist jegliche Tätigkeit, die mit der Anpreisung, dem Verkauf oder der Lieferung von Sachen und Dienstleistungen an Verbraucher zusammenhängt, gemeint: jegliche Handlung, Unterlassung, Erklärung oder kommerzielle Mitteilung eingeschlossen Werbung und Marketing.

Die Richtlinie zählt die unlauteren Geschäftspraktiken unabhängig vom konkreten Fall auf; sie gibt eine Definition zu irreführenden und aggressiven Geschäftspraktiken ab und fügt eine allgemein geltende Klausel ein, welche das allgemein geltende Verbot enthält, unlautere Geschäftspraktiken anzuwenden: Somit fallen auch bisher noch nicht geregelten Geschäftspraktiken unter dieses Verbot.

Um als unlauter eingestuft zu werden, muss die Geschäftspraxis zwei negative Kriterien erfüllen:
Sie muss den Erfordernissen der beruflichen Sorgfaltspflicht widersprechen oder aber nicht im Einklang mit einem ehrlichen, aufrechten Geschäftsgebaen und dem Prinzip von Treu und Glauben sein;
sie muss das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers wesentlich beeinflussen oder dazu geeignet sein, es wesentlich zu beeinflussen und somit die Fähigkeit desselben zur bewussten Entscheidungsfindung schmälern oder ihn zu einer Entscheidung drängen, die dieser sonst niemals getroffen hätte.

Unlautere Geschäftspraktiken par excellance sind die irreführenden und die aggressiven Geschäftspraktiken.

Eine Geschäftspraxis gilt als irreführend, wenn sie falsche Angaben enthält und somit unwahr ist oder wenn sie in irgendeiner Weise, auch im Hinblick auf den Zusammenhang, in dem sie vorgestellt wird, den Durchschnittsverbraucher täuscht oder ihn zu täuschen geeignet ist. Dabei ist es nicht notwendig, dass der Verbruacher tatsächlich getäuscht worden ist, es genügt allein die Möglichkeit einer Täuschung.

Eine Handelspraxis gilt als irreführend, auch wenn sie in Form einer Unterlassung auftritt: Um eine bewusste, informierte Entscheidung treffen zu können, benötigt der Verbraucher alle wesentlichen Basisinformationen, die der Gewerbetreibende zu geben imstande ist. Die Praxis gilt als unlauter, wenn der Gewerbetreibende: a) wichtige Informationen, die der Durchschnittsverbraucher benötigt, um eine bewusste Entscheidung treffen zu können, unterlässt; b) wesentliche Informationen verheimlicht oder auf unklare, unverständliche, zweideutige Weise oder nicht rechtzeitig bereitstellt; c) den kommerziellen Zweck der Geschäftspraxis nicht kenntlich macht, sofern er sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt. Die Beurteilung der Unterlassung muss im Hinblick auf die Wirkung der Geschäftspraxis in ihrem Ganzen (auch hinsichtlich ihrer Präsentation) erfolgen. Auch die Tatsache, dass die Informationen in deutlicher Art und Weise dargestellt werden müssen, spielt dabei eine Rolle.

Aggressive Geschäftspraktiken schränken die Entscheidungs- und Verhaltensfreiheit des Durchschnittsverbrauchers durch Belästigung, Nötigung, einschließlich der Anwendung körperlicher Gewalt, oder durch unzulässige Beeinflussung ein. Unter unzulässiger Beeinflussung versteht man den vom Gewerbetreibenden – durch Ausnutzung seiner Machtposition - ausgeübten Druck, der darauf ausgerichtet ist, die Entscheidungsfähigkeit des Verbrauchers einzuschränken, ohne dabei von körperlicher Gewalt oder Drohung Gebrauch zu machen.

Neben dem Durchschnittsverbraucher bezieht sich die europäische Norm auch auf den besonders schutzbedürftigen Verbraucher. Damit wird jener Verbraucher angesprochen, der in Bezug auf eine bestimmte Geschäftspraxis aufgrund einer psychischen oder körperlichen Erkrankung, seines Alters oder aufgrund seiner Leichtgläubigkeit (Kinder und Senioren) in besonderem Maße leichter Opfer von unlauteren Geschäftspraktiken sein kann. Bestimmte Handelspraktiken, die vorwiegend den besonders schutzbedürftigen Verbraucher treffen, und die sich dahingehend äußern, dass die falsche Behauptung gemacht wird, ein Produkt könne Krankheiten, Funktionsstörungen oder Missbildungen heilen oder die Gewinnchancen bei Glücksspielen erhöhen. Ein weiteres Beispiel: Eine Werbeaussage enthält eine unzulässige Beeinflussung von Kindern, um sie dazu zu bewegen ihre Eltern oder andere Erwachsene zum Kauf von gewissen Produkten zu überreden. Dabei ist es nicht notwendig zu beweisen, dass sich die Praxis direkt an diese Gruppe von Personen richtet. Dieser besondere Schutz ist in der Schutzklausel der Richtlinie enthalten.

In der Folge werden jene Geschäftspraktiken angeführt, die auf jeden Fall als unlauter einzustufen sind:

1. die Behauptung, ein Verhaltenskodex sei von einer öffentlichen oder anderen Stelle gebilligt, obgleich dies nicht der Fall ist;
2. die Verwendung von Gütezeichen, Qualitätskennzeichen oder Ähnlichem ohne die erforderliche Genehmigung;
3. Aufforderung zum Kauf eines Produktes, obgleich der Gewerbetreibende hinreichende Gründe für die Annahme hat, dass er nicht in der Lage sein wird, dieses zu liefern oder Aufforderung zum Kauf von Produkten zu einem bestimmten Preis mit dem Vorhaben dann ein anderes Produkt zu verkaufen;
4. falsche Behauptung, dass das Produkt nur eine sehr begrenzte Zeit oder nur eine sehr begrenzte Zeit zu bestimmten Bedingungen verfügbar sein werde,
5. Verbrauchern zusichern, dass der Kundendienst auch in einer anderen Sprache, als jener des Landes des Gewerbetreibenden verfügbar ist, wenn dies nicht der Fall ist, oder den falschen Anschein erwecken, dass der Kundendienst auch in einem andern Staat verfügbar ist, als in jenem in welchem das Produkt verkauft wurde;
6. Behauptung oder anderweitige Herbeiführung des Eindrucks, ein Produkt könne rechtmäßig verkauft werden, obgleich dies nicht der Fall ist;
7. den Verbrauchern gesetzlich zustehende Rechte werden als Besonderheit des Angebots des Gewerbetreibenden präsentiert;
8. Erteilung sachlich falscher Informationen über die Marktbedingungen oder die Möglichkeit, das Produkt zu finden, mit dem Ziel, den Verbraucher dazu zu bewegen, das Produkt zu weniger günstigen Bedingungen als den normalen Marktbedingungen zu kaufen;
9. Angebot von Wettbewerben und Preisausschreiben, ohne dass die beschriebenen Preise oder ein angemessenes Äquivalent vergeben werden;
10. Werbematerialien wird eine Rechnung oder ein ähnliches Dokument mit einer Zahlungsaufforderung beigefügt, die dem Verbraucher den Eindruck vermitteln, dass er das beworbene Produkt bereits bestellt hat, obwohl dies nicht der Fall ist;
11. fälschliche Behauptung oder Erweckung des Eindrucks, dass der Händler nicht für die Zwecke seines Handels, Geschäfts, Gewerbes oder Berufs handelt, oder fälschliches Auftreten als Verbraucher;
12. Erwecken des Eindrucks, der Verbraucher könne die Räumlichkeiten ohne Vertragsabschluss nicht verlassen;
13. Kunden werden durch hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen über Telefon, Fax, E-Mail oder sonstige für den Fernabsatz geeignete Medien geworben, außer in Fällen und in den Grenzen, in denen ein solches Verhalten nach den nationalen Rechtsvorschriften gerechtfertigt ist, um eine vertragliche Verpflichtung durchzusetzen;
14. Nichtbeachtung der Aufforderung des Verbrauchers bei persönlichen Besuchen in dessen Wohnung, diese zu verlassen bzw. nicht zurückzukehren, außer in Fällen und in den Grenzen, in denen ein solches Verhalten nach den nationalen Rechtsvorschriften gerechtfertigt ist, um eine vertragliche Verpflichtung durchzusetzen;
15. Aufforderung des Verbrauchers zur sofortigen oder späteren Bezahlung oder zur Rücksendung oder Verwahrung von Produkten, die der Gewebetreibende geliefert, der Verbraucher aber nicht bestellt hat - ausgenommen sind Produkte, bei denen es sich um Ersatzlieferungen handelt;
16. dem Verbraucher wird mitgeteilt, dass Arbeitsplatz oder Lebensunterhalt des Gewerbetreibenden gefährdet sind, falls der Verbraucher das Produkt oder die Dienstleistung nicht erwirbt.

Zuständig für die Überwachung im Hinblick auf die Einhaltung der Bestimmungen der besprochenen Norm ist die Aufsichtsbehörde für Wettbewerb und Markt (AGCM oder „Antitrust“), die von Amts wegen oder auf Antrag einer jeden interessierten Person oder Organisation tätig wird. Sie hat die Möglichkeit, die Fortsetzung der unlauteren Geschäftspraktiken zu unterbinden, die jeweiligen Konsequenzen rückgängig zu machen oder aber die Verbreitung der Praxis zu verbieten, falls dies nicht bereits erfolgt ist. Auch kann sie Verwaltungsstrafen im Ausmaß von 5.000 Euro bis 500.000 Euro verhängen. Die Entscheidungen der Aufsichtsbehörde können vor dem Verwaltungsgericht (TAR) angefochten werden. In allen anderen Fällen ist das ordentliche Gericht zuständig.

Tipp: Homepage der Europäischen Kommission – Gerneraldirektion Verbraucherschutz.