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Europäisches Verbraucherzentrum Italien Büro Bozen
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18.12.2013

Österreichische Partnervermittlungsagentur unter Anklage

 
Seit Jahren betreut das Europäische Verbraucherzentrum in Bozen Hunderte von Verbrauchern bei Reklamationen gegen eine österreichisches Partnervermittlungsinstitut. In Folge einiger Anzeigen bei der Bozner Staatsanwaltschaft erfährt die Angelegenheit mittlerweile auch strafrechtliche Bedeutung: Der zuständige Staatsanwalt hat der Betreiberin und zwei Agentinnen die Benachrichtigung über den Abschluss der Vorerhebungen zugestellt, welche sie wegen Betrugs, Übervorteilung wehrloser Personen, Erpressung und Verletzung des Privacy-Gesetzes angeklagt.
Seit 10 Jahren nunmehr erteilt das Europäische Verbraucherzentrum in Bozen Informationen an Konsumenten, die sich mit der Absicht tragen, einen Vertrag eines Partnervermittlungsinstituts zu unterzeichnen. Die Erfahrung des EVZ Bozen in dieser Materie beruht auf die Behandlung unzähliger Fälle von Südtiroler Konsumenten, die beschlossen haben, eine österreichische Partnervermittlungsagentur mit ihrer Herzensangelegenheit zu betrauen. Diese Agentur schaltet Partneranzeigen - meistens mit Bildern von Frauen - in vielen einheimischen Tages- und Wochenzeitungen. Jene Südtiroler Konsumenten, vorwiegend Männer und größtenteils deutscher Muttersprache, die auf der Suche nach ihrer „besseren Hälfte“ sind, lesen diese Partneranzeigen und rufen die Telefonnummer aus der Anzeige an. Allerdings nimmt dann nicht die hübsche Dame vom Foto den Anruf entgegen, sondern die Vertreterin eines Partnervermittlunginstituts, die einen Termin vereinbaren will und weiters verspricht, die Bekanntschaft mit der gewünschten Dame herzustellen.

Verbraucher und Vermittlerin treffen sich meistens in einem Gastlokal. Die Vermittlerin versucht ein Vertrauensverhältnis zum Kunden aufzubauen, indem sie überzeugend die Vorzüge der Partneragentur betont; es versteht sich von selbst, dass die Agentur nicht kostenfrei tätig sein kann, handelt es sich doch um eine Dienstleistung von hohem Niveau. Viele Verbraucher berichten davon, dass ihnen die Vertreterinnen sofort, also noch bevor Informationen über Vermittlungskosten preisgegeben werden, Angaben über die berufliche Tätigkeit, den monatlichen Verdienst und weitere Vermögensverhältnisse abverlangen. Die Preise jener Verträge, die das EVZ überprüfen konnte, variieren zwischen 2.500 und 4.500 Euro meistens für 15 bis 20 Partnervorschläge in einem Zeitrahmen von 12 oder 18 Monaten. Bei den Verträgen handelt es sich um 2 Seiten Kleingedrucktes im DIN-A4-Format, dessen Inhalt meistens vom Konsumenten unverstanden bleibt. Außerdem betont die Vermittlerin, dass der Vertrag nur das bereits mündlich Besprochene wiedergibt. Zusätzlich zum Vertrag wird noch ein Fragebogen ausgefüllt, der Angaben zum sogenannten „Wunschpartner“ enthalten soll, wie etwa Alter, Wohnsitz, Familienstand, Kinder und Hobbys.

Nach ein paar Tagen erhält der Verbraucher Post von der Agentur: einige Blätter mit Foto, Namen, Telefonnummer und Kurzinformationen zur potenziellen Wunschpartnerin. In den meisten vom EVZ behandelten Fällen wurden bei den Vorschlägen den gewünschten Vorlieben nicht Rechnung getragen bzw. antworteten die Damen nicht oder gaben an, schon seit längerem nicht mehr bei der Agentur eingeschrieben zu sein. Enttäuscht und verletzt von der erneuten Zurückweisung setzen sich die Verbraucher mit der Vertreterin in Verbindung, die sich für den Fehler entschuldigt und die Zusendung neuer Vorschläge verspricht. Nach ein paar Tagen trifft ein weiterer Umschlag mit neuen Partnervorschlägen ein. Leider wiederholt sich dann immer das gleiche Lied: Die Vorschläge stimmen nicht überein, es folgen Absagen, Telefongespräche und Mitteilungen ohne Antwort. Viele Verbraucher beschließen dann oft, die Sache auf sich beruhen zu lassen und den festgesetzten Preis einfach nicht zu bezahlen, weil sie im Grunde nicht den versprochenen und vereinbarten Dienst erhalten haben. Das Institut reagiert aber nicht mit weiteren Vorschlägen sondern mit massiven Zahlungsaufforderungen inklusive hoher Zinsaufschläge und Gerichtsspesen und mit der Androhung von gerichtlichen Schritten wie etwa Gehaltspfändung oder der Eintragung einer Hypothek auf das Eigenheim.

Einige Verbraucher, die sich betrogen fühlten, wendeten sich an die Staatsanwaltschaft am Landesgericht von Bozen. In Folge aufwendiger, von den Carabinieri von Bozen betriebener Ermittlungsarbeit, hat der zuständige Staatsamwalt der Betreiberin der Agentur und ihren Vermittlerinnen den Abschluss der Vorerhebungen mitgeteilt. Die Anklagen sind ziemlich schwerwiegend und haben mit Liebe und „verwandter Seele“ nicht mehr viel gemeinsam: Sie lauten auf Betrug, Übervorteilung wehrloser Personen, Erpressung und Verletzung des Privacy-Gesetzes.

Auf der Homepage des Europäischen Verbraucherzentrums finden Sie weitere Informationen und Ratschläge für alle Verbraucher, die den Dienst einer Partneragentur in Anspruch nehmen möchten.


Bozen, 18.12.2013
Presse-Information

 

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