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Europäisches Verbraucherzentrum Italien Büro Bozen
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19.06.2018

Flugreisen

 
Kann ich den Preis eines unbenutzten Tickets zurückfordern?
Das Wichtigste gleich vorweg: Grundsätzlich hängt es bei Flugtickets von der Buchungsklasse ab, ob und wie das Ticket storniert oder umgebucht werden kann. Deshalb lohnt es sich, bereits vor der Buchung zu überprüfen, ob es die Möglichkeit gibt, das Ticket zu stornieren und wie viel dies kostet. Günstige Flugtickets sowie jene der Billigfluggesellschaften sind in ihren Bedingungen in Bezug auf Rückerstattung und andere Änderungswünsche meist sehr restriktiv, die meisten Fluggesellschaften bieten gegen Aufpreis jedoch flexible Buchungsklassen an, die es dem Passagier z. B. ermöglichen, die Rückerstattung zu erlangen oder eine Umbuchung auf ein anderes Datum vorzunehmen.

Worauf habe ich immer Anspruch, wenn ich das Ticket nicht benutze?
Der Verbraucher, der sein Flugticket aus irgendeinem Grund nicht benutzt, kann in jedem Fall die Rückerstattung der „Taxen“, also jener Steuern und Gebühren, die im Ticketpreis enthalten sind, aber nicht direkt die Spesen der Fluglinie betreffen, fordern. Ein Beispiel dafür ist der Ministerialtarif für die Sicherheitskontrollen des aufgegebenen Gepäcks. Wenn man sich das Flugticket genauer anschaut, erkennt man verschiedene Kürzel (wie HB, EX, IT oder VT), welche für verschiedene Steuern und Gebühren stehen, die bei einem Flug zu zahlen sind und die zusätzlich zum reinen Ticketpreis anfallen. Die Fluggesellschaft muss diese Abgaben aber nur dann entrichten, wenn der Passagier das gebuchte Ticket tatsächlich in Anspruch nimmt; deshalb kann der Passagier diese Beträge bei Nicht-Inanspruchnahme des Tickets immer zurückfordern. Die Aufschlüsselung des Ticketpreises ist dementsprechend hilfreich, wenn man einen Flug plötzlich absagen muss und zumindest das Recht auf Rückerstattung von Steuern und Gebühren geltend machen möchte.

… und wenn ich plötzlich krank werde und nicht fliegen kann?
Das Risiko, zu erkranken und die erworbene Dienstleistung nicht in Anspruch nehmen zu können, lastet grundsätzlich auf dem Verbraucher und nicht auf der Fluggesellschaft. Der Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung, welche den Ticketpreis im plötzlichen Krankheitsfall erstattet, kann sich also lohnen. Aus verbraucherrechtlicher Sicht aber genauso interessant ist die Tatsache, dass sich häufig irgendwo in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Fluggesellschaft die Information findet, dass auf ausdrückliche Anfrage und unter Hinterlegung der Unterlagen in gewissen, schwerwiegenden Fällen, wie Tod oder schwerer Krankheit des Passagiers oder eines nahen Verwandten, eine Rückerstattung des gesamten Ticketpreises genehmigt wird. Die Beraterinnen des EVZ Italien wissen jedoch nur zu gut, dass diese Klauseln häufig in den Beförderungsbedingungen versteckt und daher für den Otto-Normalverbraucher nicht unmittelbar ersichtlich sind. In solchen Fällen lohnt es sich also allemal, die Fluggesellschaft zu kontaktieren und eine Rückerstattung zu beantragen.

… und wenn die Fluggesellschaft meinen Sitzplatz weiterverkauft hat?
Wenn die Fluggesellschaft in der Lage war, den gebuchten – und stornierten – Sitzplatz an einen anderen Passagier weiterzuverkaufen, und das Flugzeug vollständig belegt war, ist die Fluggesellschaft zwar prinzipiell nicht berechtigt, auch von der Person, welche storniert hat, nahezu 100 % des Flugpreises zu verlangen. Für den Passagier ist es jedoch in der Praxis so gut wie unmöglich, zu beweisen, dass der gebuchte Sitzplatz weiterverkauft wurde und der Fluggesellschaft kein finanzieller Schaden entstanden ist. Solche Ansprüche müssen, wenn überhaupt, vor Gericht geltend gemacht werden. Kürzlich hat der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) in einem solchen Fall aber zu Gunsten der Fluggesellschaft geurteilt. Bei preisgünstigeren Buchungsklassen seien weitergehende Erstattungen, von Steuern und Gebühren abgesehen, ausgeschlossen: Die Stornierung der Flugbuchung kann wirksam ausgeschlossen werden (siehe BGH, 20.3.2018, X ZR 25/17).

Zusammengefasst:
  • Je nach Buchungsklasse kann ein Flugticket kostenlos storniert oder umgebucht werden. Die Faustregel lautet dabei: günstige Buchungsklasse, geringe Erstattung. Teurere (flexible) Buchungsklasse, mehr Erstattungs- bzw. Umbuchungsmöglichkeiten.
  • Bei schwerwiegender Krankheit oder Tod sehen einige Fluggesellschaften vor, dass dem Passagier der Flugpreis erstattet wird, wenn das Ticket nicht in Anspruch genommen werden kann.
  • Unabhängig davon, kann der Passagier, wenn er das Ticket nicht benutzt, die Erstattung von Steuern und Gebühren verlangen, da die Fluggesellschaft diese nur abführen muss, wenn der Passagier das Ticket benutzt.


Leider haben vor allem Billigfluggesellschaften einen Weg gefunden, um die Verbraucher in der Praxis um die rechtlich zustehende Erstattung von Steuern und Gebühren zu bringen: So verlangen einige Fluggesellschaften (und viele Buchungsportale) eine Bearbeitungsgebühr für den Antrag auf Rückerstattung. Nur wenn der Anteil an erstattbaren Steuern und Gebühren höher als diese Bearbeitungsgebühr ist, nimmt die Fluggesellschaft (bzw. das Buchungsportal) diese Rückerstattung der Steuern und Gebühren, abzüglich der Bearbeitungsgebühr, tatsächlich vor. Die Richter des Europäischen Gerichtshof (EuGH) haben im Urteil in der Rechtssache C-290/16 jedoch entschieden, dass Stornierungsgebühren, die Luftfahrtunternehmen verlangen, auf Missbräuchlichkeit überprüft werden können.


Weiterführende Informationen:
Nützliche Informationen zum Thema findet man auf der Homepage der italienischen Zivilluftfahrtbehörde ENAC (Ente Nazionale per l'Aviazione Civile) unter folgendem Link: https://www.enac.gov.it/I_Diritti_dei_Passeggeri/Trasparenza_delle_tariffe/index.html. Die italienische Zivilluftfahrtbehörde ENAC hat außerdem eine übersichtliche Grafik veröffentlicht, welche erklärt, wie die Posten eines Flugtickets zusammengesetzt sind und welche Steuern und Gebühren bei Nicht-Inanspruchnahme des Tickets erstattet werden müssen. Die Grafik ist unter folgendem Link auf S. 52 ersichtlich.


Für weitere Informationen können Sie das Europäische Verbraucherzentrum in Bozen unter info@euroconsumatori.org oder 0471 980939 kontaktieren.


Bozen, 19.06.2018
Presse-Information
 

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