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Europäisches Verbraucherzentrum Italien Büro Bozen
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12.08.2015

Ein Irrglaube, dem Verbraucher unterliegen: der kostenlose Rücktritt von jeglicher Art von Verträgen

 
So häufig wie derzeit mussten die Beraterinnen des Europäischen Verbraucherzentrums (EVZ) Bozen wohl nie zuvor Verbraucher darüber aufklären, dass der kostenlose Rücktritt die Ausnahme ist; dies besonders im Freizeitsektor. Man kann folglich von einer Zimmerbuchung zurücktreten, aber nicht kostenlos!
In den letzten Jahren hat das Bewusstsein um die eigenen Verbraucherrechte ohne Frage zugenommen, aber gleichermaßen sind auch die falschen Überzeugungen vonseiten der Nutzer und Verbraucher angestiegen. Die wohl am weitesten verbreitete – eben falsche – Überzeugung ist die Vermutung, dass man von einem Vertrag immer zurücktreten kann und dies auch noch kostenlos. Und um diese These dann nochmals zu untermauern, klammern sich die Verbraucher an weitere Irrglauben wie “aber ich habe ja nichts unterschrieben” oder “aber ich habe ja noch nichts bezahlt”.

Bei Pauschalreisen (also den berühmten all-inclusive-Urlauben) sind üblicherweise in den allgemeinen Geschäftsbedingungen sogenannte Stornogebühren für den Rücktritt durch den Verbraucher vorgesehen, die im Verhältnis zum Preis der Reise berechnet werden. Je näher man mit seinem Rücktritt an das Abreisedatum herankommt, desto teurer wird es. Wer unmittelbar vor dem Abreisedatum erkrankt und die Reise nicht mehr antreten kann, muss mitunter beinahe den gesamten Preis der Reise zahlen.

Bei einer Hotelbuchung legen die Vertragsbedingungen oder etwaige lokale Handelsgebräuche fest, innerhalb welcher Frist eine Stornierung kostenlos möglich und ab wann und in welchem Ausmaß zu zahlen ist. Es empfiehlt sich, die Stornobedingungen auf der Internetseite des Hotels oder des Buchungsportals zu kontrollieren (letztere bieten oft unterschiedliche Zimmerpreise an, je nach dem ob die Buchung kostenlos storniert werden kann). Wurde eine Anzahlung an ein Hotel in Italien ausdrücklich in Form eines Reugeldes (caparra penitenziale) getätigt, verliert der Verbraucher nur dieses Geld. Wurde einfach ein Angeld (im Italienischen caparra oder caparra confirmatoria) vereinbart und bezahlt, so ist dieses verloren und darüber hinaus könnte der Gastwirt auch noch die Bezahlung eines Schadenersatzes bis zur Höhe des Gesamtpreises verlangen. Es lohnt sich jedoch mitunter, darum zu bitten, die Anzahlung für eine Buchung zu einem späteren Zeitpunkt gut zu schreiben: So mancher Gastwirt zeigt Verständnis und geht darauf ein.

Ob und wie man ein Flugticket stornieren oder umbuchen kann hängt von der Buchungsklasse ab. Günstige Flugtickets (und die der Billigfluggesellschaften) sind in ihren Bedingungen in Bezug auf Rückerstattung und andere Änderungswünsche meist sehr restriktiv. Die Transportbedingungen von einigen Fluggesellschaften sehen allerdings vor, dass, auf Anfrage und bei Hinterlegung von Beweismaterial, bei Todesfällen oder schweren Erkrankungen des Passagiers oder eines nahen Verwandten eine Rückerstattung des Preises genehmigt wird. Der Verbraucher kann in jedem Fall die Rückerstattung der „Taxen“, also jener Beträge, die nicht direkt die Spesen der Fluglinie betreffen (wie beispielsweise der Ministerialtarif für die Sicherheitskontrollen des aufgegebenen Gepäcks, die Beförderungsgebühr usw.) fordern.

Das Risiko zu erkranken oder aus irgendeinem anderen Grund die erworbene Dienstleistung nicht in Anspruch nehmen zu können, lastet also grundsätzlich auf dem Verbraucher und nicht auf dem Hotelbetreiber, Reiseveranstalter oder der Fluggesellschaft. Verbraucher sollten also unbedingt den Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung, welche Stornogebühren im plötzlichen Krankheitsfall abdeckt, in Betracht ziehen. Dabei ist es unbedingt erforderlich, sich die Versicherungsbedingungen genau anzuschauen, um zu wissen, welches die Gründe sind, die einen Rücktritt rechtfertigen, und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, um in den Genuss des Versicherungsschutzes zu kommen.

Wenn ich also ein schöneres Reiseziel entdecke, mit meiner Verlobten streite oder ganz einfach ein besseres Angebot finde, bleibt mir nichts anderes übrig als die vorgesehenen Stornokosten zu bezahlen!

Das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) in Bozen hat Rechte & Pflichten der Verbraucher im Falle von Stornierungen der Dienstleistungsverträge in einigen nützlichen und praktischen Informationsblättern zusammengefasst, die unter folgendem Link nachlesbar sind.


Presse-Information
Bozen, 12. August 2015

 

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